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Die Wiederbelebung der Woizkirwa 1958


Während der Kriegs- und Nachkriegsjahre sind keine Belege für eine Woizkirwa auffindbar. Es ist zu lesen, dass nach dem 2. Weltkrieg dieses Fest nur sehr oberflächlich, vermutlich nur in Form einer Wirtshauskirwa, begangen wurde. Einzig zur Anfang August stattfindenden Bochkirwa war zu lesen, dass ein Kirwabaum aufgestellt wurde. Selbst auf dem Land, so konnte man der Zeitung entnehmen, sind die traditionellen Formen schon erstarrt.

Der damalige Stadtheimatpfleger und Volkstumswart des Heimatvereins Birgland, Hanns Binder, nahm die Idee auf, wieder eine „richtige“ Woizkirwa wie in früheren Zeiten zu feiern. Als Kirwaplatz diente die Wiese neben dem „Gasthaus zur Eisenbahn“ (Feil) gegenüber dem Sulzbacher Bahnhof (jetzt Stadtparkwiese). Dass diese Wahl als Standort für den Kirwabaum eine im wahrsten Sinne des Wortes „feuchte“ Angelegenheit wurde, konnte man dem damaligen Zeitungsbericht entnehmen. Das erst einen Meter tiefe Loch für den Baum füllte sich bereits mit Wasser und so musste kräftig geschöpft werden, ehe weitergegraben werden konnte. Der Kirwabaum, der anschließend aufgestellt wurde, war für heutige Verhältnisse eher bescheiden. Der „stolze“ 18 Meter messende Baum, gestiftet von Herrn Preisel aus Leinhof, wurde fachmännisch vom Ehrenvorstand geringelt, mit zwei Kränzen in den Farben Bayerns und der Stadt Sulzbach-Rosenberg versehen und mit Wappen der Stadt, des Landes und mit symbolischen Darstellungen von Stadt und Land geschmückt. Vorstand Dehling hielt eine kurze Ansprache und mit einem kräftigem „Hauruck“ begann man den Baum aufzustellen. Dank der Hilfe einiger Zuschauer, die sich schon zahlreich eingefunden hatten, ragte das Kirwawahrzeichen bald senkrecht in den Himmel.


1. Kirwa auf der Bahnhofswiese

Der Bericht in der SRZ vom 25.08.1958 spiegelt schön die damalige Situation und den Stellenwert des Brauchtums und der Traditionen im Nachkriegsdeutschland wider. Der Verfasser stellt die Frage, ob die Brauchtumspflege nicht nur eine Liebhaberei, wie für andere Leute das Briefmarkensammeln, sei. Als fast symbolisch bezeichnet er die Mühen des Kirwabaumaufstellens, die vergleichbar sind mit den Mühen, einer entwurzelten, verniedlichten und degenerierten Jugend wieder festen Boden unter den Füßen zu geben. „Music-Box statt Blasmusik“, „Hirtenmadl oder Hirtenblues“, „Hie Lederhose – hie Blue Jeans“ waren die Schlagworte des Artikels. Anscheinend hatte auch im Sulzbach-Rosenberg der 50er- Jahre der amerikanische Lebensstil, sehr zum Missfallen des Autors, Einzug gehalten. Ob er sich je erträumen hätte lassen, dass vor allem im ländlichen Bayern die Jugend beide Lebensstile, sowohl modern und weltoffen, als auch traditionsbewusst und mit der Heimat verwurzelt 50 Jahre später sehr gut kombinieren kann - also Laptop und Lederhose?

 

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